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EUPHORIUM_freakestra:
soundz offfe drzk wähuh

(EUPH 013)

Philipp von Trott - trumpet
Gilbert Eiche - tenor saxophone
Rainer Bühl - bassoon
Hartmut Dorschner - alto & soprano saxophone
Friedrich Kettlitz - electric guitar, voice
Sebastian Baller - electric guitar, voice
Rudi Feuerbach - electric guitar
Thomas Walter - electric guitar
Gero Kuntermann - electric guitar
Birg Borgenthal - electric piano, electric organ
Kirkling Botschas - voicett
Hans-Hermann Schwerdt - electric piano, electric organ
Oliver Schwerdt - samples, electronics, violine, voice
Peter Lorenz - samples, electronics
Albrecht Buchmann - saxonian voice
Martin Hoffmann - thuringian voice
Sebastian Waack - electric bass
Gudrun Pappelteich - voicette
Uwe Schneider - drums, cymbals
Jens Schneider - drums, cymbals
Hermann Grüneberg -drums, cymbals

I soundz offfe drzk wähuh I (59’41)
Phore I (01-03)
01 soujhmar (4'48)
02 m’lazare sivadna (12’56)
03 vidrin 'pada (6’52)
04 Wiltwark Wängelwür (0’06)
05 :bewusst wo (Ein großer Schinken reicht!) (1’45)
Phore II (06-08)
06 Skalensklave (2’15)
07 bagawa swami (5’43)
08 baja (2’58)
09 Drosander kaliopsis (5’04)
10
Belgisches Randgruppenoxymoron feat. Brigo Bräugefergk, der namentlich Nichternannte (Wandelndes Unterbrühl) (1’13)
11 Schwarzer Rettich (uff'm Handwagen) (7’59)


II soundz offfe drzk wähuh I (71’42)
01 maloö bantar-krk/h (11’16)
02 aina (1’13)
03 bou tazi (19’58)
04 Magische Nacht mit Birnenbums einer tumultuarischen Konferenz (4’39)
Phore III (05-06)
05 Dezente (10’38)
06 Hornbrille (15’57)
07 e Drzk Wähuh, Misch & Tattermusch (5’31)
08 Mr. Eichelhäher (2’24te

Titel 7 von Zehde I:
pure SCHMAKAZE!!!!!!!

Hansi Noack

The first double album of a vast cast of an early version of the legendary E U P H O R I U M _ f r e a k e s t r a was recorded primarily in march 2001 and never officially released before the twentieth birthday of the ever renewable ensemble. In those days Oliver Schwerdt organized a recording session at the woody father’s place of an offspring of the well known noble family of the von Trott zu Solz. Most of the Eisenach based founding members of the group were getting there regaled with special guest musicians which immediately spilled out some of their best soloing of all their career and in part became central figures of then forthcoming episodes.
In general the music documented here was outstanding influential on several following projects of the rapidly developing ensemble. You can listen to these effects especially on 2007‘s Free Electric Supergroup and 2016’s Grande Casino. Despite the totally different casts performing the E U P H O R I U M _ f r e a k e st r a surprisingly sounds like itself each time. With the soundz of 2001 particularly you can listen to Gilbert Eiche, the guy who mixed and mastered most of all EUPHORIUM Records playing his tenor saxophone.

Das legendäre, um eine zentrale, 2001 realisierte Aufnahmesitzung entstandene Doppel-Album soundz offfe drzk wähuh erfährt zum 20. Geburtstag des E U P H O R I U M _ f r e a k e s t r a s seine späte offizielle Veröffentlichung. So einflussreich wie die hier dokumentierten musikalischen Erfindungen damals für die rapide Entwicklung des aus Eisenach stammenden, bereits nach Leipzig schauenden Ensembles waren, so wenige ausgewählte Menschen bekamen die CDs einst in handgemachten Kopien ausgehändigt. Jetzt wird die zwischen entspannten Grooves und hocherhitzem Virtuosentum, elektronischen Klangexperimenten und sanglich-lyrischen Themen, dadaistischen Sprachspielen und zappaesken Arrangements virulente Kreativität des jungen Ensembles allgemein. Saxofonist Hartmut Dorschner und E-Gitarrist Rudi Feuerbach laden hier zu Sternstunden ihrer künstlerischen Biografie ein. Inbesondere die Ästhetiken der Doppel- und Dreifach-Alben Free Electric Supergroup (2007) und Grande Casino (2016) zeigen mit den soundz, Klänge, welche auch die beiden frühen Filme des Ensembles, Wer nicht wagt, gerät. und Im Firmament der Schlachtsohle! entscheidend nährten, frühe Ausprägungen. Kein Wunder, dass sich Günter Baby Sommer, Friedrich Schenker und der junge Alexander Schubert einst beeindruckt von diesem frühen, doch schon meisterlichen Werk zeigten; nicht zuletzt stellte das Album die Eintrittskarte zur naTo, dem legendären Leipziger subkulturellen Spielort der Avantgarde dar, welche dem Ensemble schließlich das Recht auf eine dort bis heute andauernde Residenz verlieh.

Format: 2-CD
Price: 24,99 €
ISBN: 978-3-944301-50-1
Ordering: oliverschwerdt@euphorium.de

Digital download: https://euphoriumfreakestra.bandcamp.com/album/soundz-offfe-drzk-w-huh

 

Reviews:

Die Soundz Offe Drzk Wähu, das klangliche Gründungsdokument des sich seitdem immer wieder transformierenden Ensembles Euphorium Freakestra um den Leipziger Jazzradikalinski Oliver Schwerdt. Außer ihm fanden sich damals zur Session in Eisenach noch Weitere ein, deren Anzahl am exaktesten mit „ein Haufen“ beschrieben ist: In den Credits stehen allein fünf E-Gitarristen, dann noch diverse Perkussionisten, Organisten, Vokalisten sowie einige, von denen man beim besten Willen nicht checkt, was die hier eigentlich wo machen.
Wie auch in den späteren Arbeiten des Freakestras war aber hörbar nicht der Anspruch, dass irgendwer irgendwas checkt, wobei man einschränken muss: Im Vergleich zum letzten Album, Grande Casino, hat man hier deutlich weniger oft das Gefühl, dass sie einem in voller Absicht alle guten Geister aus dem Gehirn herausklöppeln. Ihr Free Jazz von damals ist nicht unbedingt weniger free als der jüngere, heute erlauben sie sich aber nicht mehr, so lässig loszugrooven, wie sie das seinerzeit auf Bou Tazi taten. Hier ist noch viel mehr Albernheit („Drogenkonsum, Biertrinken, Räucherstäbchen: Guck mal, die Haut“), Lust am Zitat und auch an der Melodie am Werk, Ist doch kein Thema, wenn das jetzt kurz bisschen nach Pat Metheny klingt wäre auch ein schöner Name für das Album gewesen.
Das hat alles noch nicht die Brutalität der späteren Arbeiten, tatsächlich sind die Soundz im besten Sinne Freakestra for Beginners. Man fühlt sich beileibe nicht unterfordert, aber deutlich weniger hart in den Arsch getreten.
KREUZER, Kay Schier (Kreuzer 04 21) (202104), S. 40.

The funny thing about DNA is that just when scientists believe it to be the identifiable signature of all living things, along comes CRISPR gene editing. This technology allows an operator to edit the basic genetic material of an organism, much like the music of Oliver Schwerdt's EUPHORIUM_freakestra. We're not talking science fiction here, more like a Miles Davis chameleon-like approach to music. Schwerdt heads an almost constantly changing crew of musicians that blend a bitches brew kind of sound. The EUPHORIUM_freakestra numbers range from a duo, the simple freakestra, to a dozen musicians, and here twenty-one contributors. This release soundz offfe drzk wähuh is the ensemble's ninth on Euphorium Records, if you count the video Euphorium Live Scenes 2006 (2007) and it follows the gargantuan 3-disc Grande Casino (2018).
While later efforts by the ensemble included guests such as Barry Guy, Günter 'Baby' Sommer, Axel Dorner, Bertrand Denzler, Thomas Lehn, Rudi Mahall, Urs Leimgruber, and Friedrich Schenker, this recording from 2001 was made up of Schwerdt's local collaborators. The place where the music begins, you are guaranteed, is not where it will end. Opening, chamber-like with a single horn, then two and some electric piano, the music expands into spacey Davis-like territory before transitioning into a guitar jam. By the end of the second disc we have heard a German take on early Red Hot Chili Peppers funk/rock chants. How do we get there? Through mutation, baby, mutation.
In between there are field recordings, spoken word (German) sequences à la Alessandro Bosetti music, John Zorn-like Cobra passages, a swinging saxophone/drum duo, some speed funk, bits and pieces of Star Wars debris, sounds resembling Squarepusher's Music Is Rotted One Note (Warp, 1998), a Jimi Hendrix guitar meal, a radio dial spin, some random tones and bits of noise. The music is at times disjointed, yet the whole is intriguing with the lengthier tracks more developed and complete. Wherever the EUPHORIUM_freakestra is going, it is great to be along for the ride.
ALL ABOUT JAZZ, Mark Corroto (https://www.allaboutjazz.com/soundz-offfe-drzk-wahuh-euphorium-freakestra-euphorium-records [20210413])

Mir schwirrt der Kopf, denn jenseits des mit New Old Luten und Big Bad Brötzmann gewohnten Remmidemmis wirbelt Oliver Schwerdts diesmaliger Rücksturz zu den freakischen Anfängen Unmassen ungeahnten Staubs auf. Ausgegraben hat er mit Das besuchte Getränk. Eine Suite für zwei unendliche Parallelen. Sie treffen sich. (EUPH 003, CDep) eine exemplarische Kernfusion des jungen FREAKESTRA in Gestalt zweier Eisenacher des Abiturienten-Jgs. 1998, er selbst, O. S., an Konzertflügel & Perkussion, Friedrich Kettlitz an akustischer Gitarre & Stimme, miteinander zugange am 23.10.2000. Und mit soundz offfe drzk wähuh (EUPH 013, 2xCD) dann die große Blase des seit 1999 freakenden EUPHORIUM_freakestra, hauptsächlich im Frühjahr 2001 auf dem Gut Bellers (hessischerseits bei Wildeck), dem Zuhause des Trompeters Philipp von Trott zu Solz. Schwerdt rekapituliert die flegeljährlichen Ereignisse in den Borgen- und Freudenthälern Thüringens und hütchenspielt dabei so detailversessen und euphuistisch gewunden mit Namen, Daten, Orten und Örtlichkeiten, als ginge es da um das "Weiße Album" oder "Bitches Brew". Die mir bisher nur durch "Die Abenteuer des Birg Borgenthal" von Mitte Dezember 2000 in französisch-femininer Sonderlichkeit bekannte Frühphase des E_f, in dessen späteren Gestaltungen Baby Sommer, Friedrich Schenker, Mahall, Dörner, Graupe, Lehn, Denzler oder Beins auftauchten, vereinte anfangs einen Freundeskreis von Blues-Rock-Funk-Amateuren und Tom_Waits/Miles_Davis/Zappa-Fans, die sich über ihre Leipziger oder Düsseldorfer Studienzeiten ausdifferenzierten in etwa Hartmut Dorschner als bereits fabrikblauer Dresdner Freejazz-Institution, Schwerdt als über Baby Sommer promovierter NowJazz-Macher, Gilbert Eiche als Recording-Crack und ansonsten musikalisch namenlos Gebliebene. Doch erstmal zur Rumpelkammermusik des künftig als Friedrichsschwerdt duettierenden Doppelkopfs: Den beiden genügen fünf Miniaturen, um ihr Eingehaustsein zwischen Hindemith und Monk zu demonstrieren, wobei selbst ein Pianosolo als seltsames Duo daherkommt und plinkplonkige, rappelige Improv-Späßchen sich mit gurgelnden und maunzenden Kettlitzismen an dadaistisches Gekasper rückkoppeln, beide tachistisch auf Draht, als furchtlose Anwender bruitistischer V-Effekte. Die XL-stra-Version - 4 Mann an EGitarren, 3 an Drums & Cymbals, 2-fach Reeds, E-Bass, Electronics & Samples, fallweise Stimmen und den Schwerdt'schen Keys - schält sich mit Trompete und Fagott aus ambienter Dämmerung, für Free Rock, der zu Rudi Feuerbachs bebender Gitarre knietief Kraut stampft, allen voran der massive E-Bass von Sebastian Waack. Um auf Silent Ways fortzufahren mit lyrischer Trompete zu einem markant kreisenden Bassriff, an dem sich Saxofon und Rhodes entlangranken, trompetistisch und mit Bassfuzz crescendierend hin zu einem Drumbreak und dem Extro des Fagotts allein. Biertrinker- und Räucherstäbchen-Poesie setzt dieses 3-geteilte 'Phore I' ab vom wiederum 3-teiligen 'Phore II', das durch freejazzig saxende Skalensklaverei hindurch mit McLaughlinesker Gitarre eintaucht in ein krachig gekurbeltes, elektronisch beschossenes Jamming und austritt in ätherisch spintisierenden Orgelwellen. Gefolgt von 'Drosander kaliopsis', das, von Bläsern und Donnerdrums akzentuiert, wieder poetisch verstört, mit romantischer Lyrik, vulgär deklamiert. 'Belgisches Randgruppenoxymoron...' (der Titel ist länger als der Track) leitet elektrokrachig hin zu 'Schwarzer Rettich (uff'm Handwagen)' als Dark Magus-Verschnitt mit furioser Gitarre, irrwitzigem Wahwahwahwah, Dorschners entgleisendem Soprano, sausenden Electronics und dazu vokalen, gargantuesk rammsteinisierten Leberhaken von Kettlitz. Der Freakshowmeter, schon länger im roten Bereich, droht völlig überzuschnappen. CD 2 setzt das fort mit 'Phore III' und dezenter Hornbrille, als Trompetenspaß mit gitarristischem Drehwurm, der zu elektronischem Flitter Nürburgrunden rockt. Der zweite Teil bringt schmachtende Gitarre, von Elektronik gezwiebelt, bis mit ausgespieltem Deathhead-Joker Dark Star-Gefilde angepeilt werden, mit eingedrehten Loops, aber mehr als genug Drang, um mit Bleifuß aus dem Bild zu brettern, so dass Sebastian Ballers nachzüglerische Gitarre die Aufmerksamkeit auf sich allein zieht. Davor aber hebt sich bei den durch 'aïna' d'n'b-mobil verkoppelten Long Tracks 'maloö bantar-krk/h' und 'bou tazi' aus space-igen Electronics und Rhodeskristall Sopranopoesie empor, eine Gitarre blinkt zu federleichtem Besenbeat und gewichtigem Bass. Zwei Gitarren tauschen tagträumerische Zärtlichkeiten, die Trompete schmust mit 'm Tenorsax, zu zunehmend handgreiflichem Gitarrengroove, dessen zeitvergessene, autoeuphorisierte Selbstgenügsamkeit Schwerdt nach 20 Min. abschneidet für magisch-tumultarischen Birnenbums, mit sanft beschwingter Bläserdyade und kettlitzianisch angefordertem Tutti-Krawall, mit Slidegitarre, Orgelbrett und doch auch vergnügt lässiger Dorschnerei, als bananengelber Vogelflug unter türkischem Mond. Danach verhackstückt 'e Drzk Wähnuh, Misch & Tattermusch' Radio-Cut-ups und spießt das zu Kratzefiedel, sächselndem "Das geht nischt" zum Trotz, auf einen Sinuston. Als Schlusspointe kräht das E_f ein punkiges 'Mr. Ei-chel-hä-her' Ye-ah! Ye-ah! Was das mit Helge Schneider und Horst Buchholz zu tun hat, wird mit Schwerdts Overkill an redeflüssigen Privatismen, vor dem selbst Der Kosmische Penis schrumpelt, erschöpfend erklärt. Bezüglich der stilistischen Inkongruenz verweist er auf eine mütterliche Prägung durch deren Exemplar von Zappas "Läther". Eine so starke Prägung übrigens, dass sie im Spiel des E_f auf der Zappanale 2002 in Bad Doberan gipfelte.
BAD ALCHEMY, Rigobert Dittmann (Bad Alchemy Nr. 109, März 2021) (202103), S. 24f.