RECORDS | HOME

 

EUPHORIUM_freakestra feat. Baby Sommer & Barry Guy:
Grande Casino (Paris Zürich Dresden, Hamburg Leipzig Berlin)

(EUPH 064)

Pierre-Antoine Badaroux - alto saxophone
Bertrand Denzler - tenor saxophone
Patrick Schanze - trumpet
Oliver Schwerdt - grand piano, percussion, little instruments
Daniel Beilschmidt - electric organ
Friedrich Kettlitz - electric guitar, percussion
John Eckhardt - double bass
Barry Guy - double bass
Burkhard Beins - percussion
Baby Sommer - drums, cymbals, percussion

I Grande Casino I (52’37)
Phore I
01 The Cream Of The Heaviest Invite (4'53)
02 Maik Muezzin & Euklid im Westparka (Was sind das für Geschöpfe, die da beten?) (6'52)
03 Interflug/Intershop (3'54)
04 Zwei von dort (Telegraphenamt II) 2g (8'02)
05 Das Gruselschloß II: Geh da nicht lang!, ich hab’s Dir doch gesagt... ‒ Disembowelment III (Flesh Aksch) (4'04)
06 - (3'00)
Phore II
07 Sieben: Schieben oder Ziehen (Fanfare Werogilongur) (4'32)
08 Syrdillischer Octus (5'13)
09 Elion am lidurnesischen Schrein (8'01)
10 Epilog: Daniel, Bertrand, Burkhard und die anderen, Pt. 1 (3'57)

II Grande Casino II (46’37)
01 Serielle Schwanenattacke (5'49)
02 Fraktale Tracht (6'57)
03 Oma Eierschecke (Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt) (7'35)
04 Geschäfte in Übersee (Das vergessene Scheckheft für Gulde-B‘fur) (7'11)
05 Fabel über Sechseck (8'13)
06 Wandertag in Leipzig (Die Flugschanze) (4'21)
07 Epilog: Daniel, Bertrand, Burkhard und die anderen, Pt. 2 & 3 (6'17)

III Grande Casino III (33’30)

01 soujhmar #5 (4'28)
02 Beinwell-Krk (3'25)
03 Anlauf auf’s Holz, Abstieg mit Salz (5'23)
04 Ein kleines Marsmännchen macht Sauerkraut nach Rezept, dann Jazz für einen Kalender (3'52)
05 Return Of The Sun Of Sharif Scheckheft ‒ Hallo, wer ist da gerade? (Telegraphenamt IV) (4'00)
06 End Of Gannomiloctu Bleed, Bed & Shower (Naked In The Tower Rain) (7'50)
07 Marc Rothko Goes To Bath (Remembering Das Schild) (4'36)

Eine große Freude!
Burkhard Beins

Was für ein Feuerwerk!
Maya Homburger

In einer anderen musikalischen Welt
wäre das ein Hit-Album!

Friedrich Kettlitz

Orchestra, minimal, farbenprächtig, sublim,
‒ alle Nuancen zwischen Space und Wucht.

Pirmin Bossart, Jazz'n'More

One day in the life of Oliver Schwerdt.
The equivalent of Joyce's multiple voices are the various sounds and improvisations represented
by the musicians. Like Ulysses, there are deep answers to questions not yet formulated somewhere.

Mark Corroto, All About Jazz

Indeed, the earth can be a delightfully bizarre habitat.
With this ten-piece aggregation perhaps life itself
penetrate through unchartered peripheries of time and reason.
This European ensemble toys with your psyche due to electro-acoustic hyper futuristic avant-garde fare.
Think of Cubism and Constructivist artistic connotations or a wildly inventive socio-musical statement.
Either way, the ensemble charts an alternative course
to just about any musical genre that we know of.
Glenn Astarita, All About Jazz

Man fragt sich, ohne einen einzigen Ton gehört zu haben,
ob man sich nicht in einer Alchemistenklangküche befindet,
in der zehn Meister an neuen Rezepturen arbeiten.
Ein lang haltender Dauerton, Klimpern, Blechklang, knarzende Basssaiten,
Geräuschmusik aus dem Spektrum von Kurz- und Langwelle mit Störfeuer, quietschender Saitenfluss, Klangschwall, auch ins Off verschoben, Plingplingpling zu schmerzenden Saiten-Schwinge.
Schabendes Blech gleichsam wie zwei aneinander schabende Mühlsteine dringt ans Ohr.
Wer mal unter einer Überlandleitung verharrt hat, der wird Parallelen zu dem feststellen,
was im Verlauf zu hören ist.
Nicht geölte Schwungräder
scheinen in Betrieb gesetzt worden zu sein.
Schleifende Transmissionsriemen arbeiten – so der Eindruck;
die Assoziation an die vergangenen Zeiten von Stahl und Kohle nimmt sich Raum.
Zum Schluss scheint auch amerikanische Malerei von Belang.

Ferdinand Dupuis-Panther, Jazz'Halo

Excellent work!
Dolf Mulder, Vital Weekly

The ten musicians form a brilliant collective,
creating improvised ensembles of rare depth and coherence.

Stuart Broomer, New York City Jazz Review

With Grande Casino EUPHORIUM again invents a paradisian meeting. It celebrates the premier encounter of two vintage grandmasters of European Free Jazz. Sharing same old international stages since almost fifty years their first interplay from the very beginning seems to spring out of a single source. Contributing the E U P H O R I U M _ f r e a k e s t r a's large ensemble of 2016 Baby Sommer and Barry Guy feed in both their magnificent performing quality and excellent chamber music techniques, spending vast creativity to the long and winding road of the exorbitant adventure of this sound opera. At Grande Casino both heroes are additionally challenged with first meetings on each of their own instrumental position. Baby Sommer is playing along Burkhard Beins from the reductionistic scene of contemporarily improvising Berlin, Barry Guy is dealing with John Eckhardt, one of the younger important interpreters of contemporarily composed music. Meanwhile EUPHORIUM mastermind Oliver Schwerdt combines his art to play the grand piano inside and far out with the electrifying sounds made by Daniel Beilschmidt, a classical trained organist who Schwerdt had successfully asked for to sit down at a KORG CX-3. Besides the original inputs of guitar player Friedrich Kettlitz and trumpeter Patrick Schanze a main ingredient of the E U P H O R I U M _ f r e a k e s t r a of the year 2016 is the dyad of two Parisian each to each familiar saxophone actors: the cocktail of the sounding stream of Bertrand Denzler and the highly complex auditory situations produced bei Pierre-Antoine Badaroux does really tastes like a gourmet journey to ancient yet hypermodernly vibrating free music spirit.

Bemerkenswerter als dass sie zusammenspielen: dass sie bisher noch nicht zusammenspielten. Oliver Schwerdt hat ein delikates Ensemble zusammengestellt. Musikhistorisch frappant wirkt eine grandiose Premiere: nach jahrzehntelangen Passagen auf den Bühnen im Kern der Internationalen ereignet sich die Begegnung Barry Guy & Baby Sommer. Sie bilden eine Art Dream Team des Drum’n’Bass im Free Jazz Europas. Auf der legendären Bühne der Leipziger naTo konfiguriert sich, zehnköpfig, das E U P H O R I U M _ f r e a k e s t r a des Jahres 2016: den beiden Alten eignet dasselbe Temperament; sie bilden doppelfigürig eine Bewegung! Als Beisitzer fungiert Universitätsorganist Daniel Beilschmidt und gibt den Messiaen für eine KORG CX-3! Das doppelte Gebläse ist aus Paris herbeigeflogen: Pierre-Antoine Badaroux und Bertrand Denzler verbandeln die Alt- und Tenorstimmen von Adolphe Sax einmal mehr mit den Windhosen von Anthony Braxton und Urs Leimgruber. Diese Zeitgenössisch Improvisierte Musik erklingt brillant. Von Stück zu Stück fährt je ein weiteres Abenteuer unerhörter Konstellationen ein. Mit Grande Casino liegt eines dieser ,operium grandium‘ vor, von deren offenbarer Unermesslichkeit man immer wieder kosten kann.

Format: 3-CD
Price: 29,99 €
ISBN: 978-3-944301-45-7
Ordering: oliverschwerdt@euphorium.de

Digital download: https://euphoriumfreakestra.bandcamp.com/album/grande-casino

 

Reviews:

Günter Baby Sommer wurde letztes Jahr 75, und quasi zur Nachfeier erschien mit Grande Casino (EUPH 064, 3 x CD), den Machenschaften des EUPHORIUM_freakestra am 16.12.2016 in der Leipziger naTo, die Dokumentation von etwas, das sich unwahrscheinlich anhört. Klar, das gilt gewissermaßen schon für die Musik, die Sommer, Pierre-Antoine Badaroux (as), Bertrand Denzler (ts), Patrick Schanze (tp), Oliver Schwerdt (gp, perc), Daniel Beilschmidt (e-org), Friedrich Kettlitz (e-git, perc), John Eckhardt (b) und Burkhard Beins (perc) fabrizierten, deren Enormität euphuistische Titulierungen andeuten. Aber dass Sommer dabei das allererste Mal mit Barry Guy gemeinsam musizierte, ist das zu fassen? Um dem historischen Moment allerlei Grandezza zu verleihen, gab die in der Spielvereinigung Sued & den Cakewalkin' Babies (Schanze), der Umlaut Big Band, ONCEIM, dem Trio Sowari, Perlonex, als Forresta & Basswald (Eckhardt) oder als Orgler der Neuen Universitätskirche vorgeglühte Mannschaft dem freakischen Spieltrieb Carte blanche, und Beilschmidt vergriff sich dafür sogar an einer Korg CX-3. Allerdings muss man dabei die durch das Grande noch verstärkte Erwartung einer Big Band umwandeln in ein perec'-sches Puzzle in der Rue Simon-Crubellier 11, in sublime Freispiele jeweils nur weniger EUPHorbien, teils unverkennbar, teils anonym. Bei 'Sieben' vermute ich glorreiche Sieben, als 'Syrdillischer Oct(op)us' tentakelt aber Guy allein und bei 'Elion am lidurnesischen Schrein' tändelt und wummert Beilschmidt allein mit dem 'Hammond-Klon'. Gefolgt von postkoital geschwächt orgelnder Echtzeit-Sowaristik mit Denzler und Beins. Einsilbig quäkt ein hässliches Entchen aus Paris, ein Kontrabass wird fraktal verprügelt, Schwerdt schwalbt mit dem Flügel und Baby radebeult die Felle, dass es nur so sommert. Er pfeift sich/uns eins, gefolgt von sechsfältigem Wellenwurf und von Guy beplonktem Trompetengeschmetter, das Sommer euphorisiert, woraufhin auch Orgel und Tröte sowarieske Bedenken zerstreuen. Dennoch scheint eine innere Stimme anzumahnen, den Ball flach zu halten, auf Bim mit Bom, Fft oder Brr zu reagieren und feine Fäden zu spinnen. Ein Groove mag als unverhofftes Geschenk die Suppe salzen, aber Jazz ist eher was für Marsmännchen. Oder doch die unvermeidliche Wiederkehr von Verdrängtem, das sich krawallig Bahn bricht? Mon Dieu, zwei Gelbjacken! Doch Maultrommelgezirpe, Streicheleinheiten und beruhigende Tropfen lassen die Trillerpfeifen sich anders besinnen. Und zuletzt taucht man kollektiv ein in ein Klangfarbfeld wie von Mark Rothko.
BAD ALCHEMY, Rigobert Dittmann (Bad Alchemy Nr. 101, März 2019) (201903), S. 25.

Willkommen zu einer nahrhaften Dosis an freier Musik. Orchestra, minimal, farbenprächtig, sublim. Alle Nuancen zwischen Space und Wucht bekommen hier ihre Spielwiesen. Die Musik erstreckt sich über drei CDs, die zum Glück nicht in ihrer vollen Spiellänge ausgereizt werden. Irgendwer muss das Ganze ja auch noch hören wollen. Die einzelnen Stücke tragen skurrilste Namen, was vermuten lässt, dass die Inspiration wallte und der Spassfaktor gross war. Über die Umstände und Hintergründe dieses Treffens ist nichts bekannt, Informationen gibt es keine, das beigelegte Booklet ist ein Büchlein mit lauter Schwarz-Weiss-Fotos im Kleinstformat, was natürlich auch ein Statement ist. Im Tentett spielen einige bekannte Musiker, allen voran Barry Guy und Günter Baby Sommer, die sich hier, wie alle anderen, mit Inspiration und Akribie ins Zeug legen und für eindringliche Momente sorgen. Es ist wohltuend zu hören, dass dieser ,bunte Haufen‘ weder stromlinienförmig auf das Chaospedal drückt, noch im Klamauk strandet, sondern mit gespitzten Ohren entstehen lässt, was Moment und Musikerpersönlichkeit gerade bereithalten. Oft wähn man sich in einem intimen Setting und lauscht einer Musik, deren Ereignisse aus kleinsten Einheiten zusammenwachsen. Stärker als die Abarbeitung an Jazztraditionen steht in diesem zeitgenössischen Kleinorchester die Auseinandersetzung mit Klang und Noise im Zentrum.
JAZZ'N'MORE, Pirmin Bossart (Jazz'n'More 2/2019, März/April 2019) (201903), S. 66.

It may be fitting that the very first translation of James Joyce's Ulysses was from English into German. What, you ask, does this have to do with the three-disc release Grande Casino by Euphorium_freakestra? It's not a suggestion to read (or attempt to read) Ulysses, a book so dense in its 730 pages that it is almost impenetrable. Its modernist, stream-of-consciousness writing is full of puns and parodies, formulated into 18 episodes, each written in a different style and voice, covering just one day in the life of its protagonist Leopold Bloom. Consider this recording, with its more than two hours of music and ten musicians, to be the equivalent of one day in the life of Oliver Schwerdt, the pianist and organizer of this recording who also runs the adventurous label Euphorium Records. The equivalent of Joyce's multiple voices are the various sounds and improvisations represented by the musicians. The mostly German ensemble invited Swiss tenor saxophonist Bertrand Denzler, French alto saxophonist Pierre-Antoine Badaroux and British bassist Barry Guy to perform with the legendary free jazz drummer Gunter Baby Sommer. The music is the equivalent of Company Week, the concerts that guitarist Derek Bailey organized in London from the late '70s until the mid- '90s. Like Bailey's affairs, anything can happen under the rubric of Euphorium_freakestra. Lineups change constantly, as does approach. For instance, Free Electric Supergroup (Euphorium Records, 2007) was an audacious take on the electric music of Miles Davis. Here, that pretense is shed for a mostly minimalist ploy and unobtrusive, almost imperceptible, interactions. There is plenty of meat on these bones, even if the musicians focus mainly on the marrow. This is free improvisation at its finest. Much like Ulysses, trying to explain the plot is problematic. The players are content to dole out sound in bits and pieces, for the most part without regard to soloing. With Barry Guy in the house, obvious references to his band Iskra 1903/1912 arise, such as the same laser-like, concentrated improvisations reeled off in an insouciant manner. Like Ulysses, there are deep answers to questions not yet formulated somewhere within this unyielding recording. Sometimes it is well worth wading in and getting lost.
ALL ABOUT JAZZ, Mark Corroto (https://www.allaboutjazz.com/grande-casino-euphorium-freakestra-euphorium-records-review-by-mark-corroto.php [20190320]).

Oliver Schwerdt, Musikwissenschaftler, Pianist und Produzent von Euphorium Records, hat eine fulminante CD veröffentlicht. Der Kontrabassist Barry Guy zählt zu den Pionieren des Free Jazz in Großbritannien. Günter Baby Sommer war einer der ganz frühen Free Jazzer der einstigen DDR. Beide zählen bis heute zu den zentralen Figuren der älteren Generation freien Spiels. Und beide haben noch nie miteinander improvisiert. Das wollte Oliver Schwedt ändern und hat die beiden Granden zusammengespannt. Nicht nur zu einem Duo, sondern gleich in ein hochkarätig besetztes Ensemble. In voller Besetzung spielt ein Tentett. Doch alle zehn Musiker – Frau ist in der Tat keine darunter – spielen längst nicht immer zusammen. Es sind v.a. wechselnde Besetzungen ganz unterschiedlicher Art, die ebenso different und oft kontrastreich improvisieren. Ein Wechsel zwischen höchster Dichte und subtiler Reduktion, von dichtem Powerplay zu abstrakten ausgedünnten Passagen, von Flow bis Klarheit, von Punktuellem bis Flächigem. Soli bzw. kammermusikalischer Besetzung und Tutti. Drei CDs, Aufnahmen, die an zwei Konzertabenden im Jahr 2016 im Leipziger Club naTo entstanden sind.
FREISTIL, Nina Polaschegg (Freistil Nr. 83, März/April 2019) (201903), S. 21
.

Indeed, the earth can be a delightfully bizarre habitat. With this ten-piece aggregation assembled by pianist, musicologist Oliver Schwerdt and featuring legendary improvisers Barry Guy (bass) and Gunter 'Baby' Sommer (drums, perc), ideas, and perhaps life itself penetrate through unchartered peripheries of time and reason. This European ensemble toys with your psyche due to electro-acoustic hyper futuristic avant-garde fare, abetted by the estimable tenor saxophonist Bertrand Denzler and all involved parties. However, this is not easy listening in the strict sense, but there are playful and low-key free-form extravaganzas, supplemented with cunning surprises integrated throughout. Variety is a core ingredient on this album. The instrumental mix intimates an asymmetrical sequence of untamed and zany progressions, aligned with sparse tonal swashes amid Sommer's rumbling drums and world-music style percussion treatments, coupled with electronics and otherworldly occurrences. Organist Daniel Beilschmidt's sweeping parts add a bit of roughhousing to various motifs, but Maik Muezzin & Euclid at Westparka (What are these creatures that pray there?)‘ is led by Denzler's microtonal sax lines that tender stark portraitures and high-pitched terror. The band puts your emotive aspects to the test with a fourth-dimensional rite of passage, framed on ethereal percussion opuses and numerous contrasts, compounded by Sommer's squeaky cymbal hits and Guy's brawny arco lines during ,Seven.‘ There are many quiet and introspective theme-building excursions, tempered with faint soundscapes and pianist Oliver Schwerdt's nervy sub-plots and hyper-mode circular phrasings. With ,Fractal Costume‘ the saxophonists' minimalism via extended notes becomes somewhat cerebral as they use space in between choruses to enact a sparse soundstage, yet ,Grandma Eggshell (The fire gets cold)‘ is a contoured bumping and grinding free jazz workout accelerated by the drummer's powerful and swift maneuvers. Other works feature more acoustic-electric electronics, crunching organ notes, grandiose opuses and buoyantly paced tribal patterns through a stifling wasteland, counterbalanced with old school jazz quotes and sinister noise-shaping movements. For starters, think of Cubism and Constructivist artistic connotations or a wildly inventive socio-musical statement. Either way, the ensemble charts an alternative course to just about any musical genre that we know of.
ALL ABOUT JAZZ, Glenn Astarita (https://www.allaboutjazz.com/grande-casino-gunter-sommer-euphorium-records-review-by-glenn-astarita.php [20190329]).

Gleich eine Dreier-CD präsentiert das EUPHORIUM_freakestra. Zu diesem Orchester, nein es muss ja Freakestra heißen, gehören: Pierre-Antoine Badaroux (as), Bertrand Denzler (ts), Patrick Schanze (tp), Oliver Schwerdt (gp, perc, little instruments), Daniel Beilschmidt (e-org), Friedrich Kettlitz (eg, perc), John Eckhardt (db) und Burkhard Beins (perc). Als Gäste des Freakestras treten der Bassist Barry Guy und der Drummer Baby Sommer, einer der Urgesteine der freien Improvisation und des Free Jazz, auf.
O-Töne von Bandmitgliedern klingen bezüglich des Albums so: ,Eine große Freude!‘ oder ,In einer anderen musikalischen Welt wäre das ein Hit-Album!‘ (Friedrich Kettlitz). Und was lesen wir im Begleittext zum Dreifachalbum? ,... Oliver Schwerdt hat ein delikates Ensemble zusammengestellt. Musikhistorisch frappant wirkt eine grandiose Premiere: nach jahrzehntelangen Passagen auf den Bühnen im Kern der Internationalen ereignet sich die Begegnung Barry Guy & Baby Sommer. Sie bilden eine Art Dream Team des Drum’n’Bass im Free Jazz Europas. ...‘. Rollt im Grande Casino die Roulettekugel? Wird auf Rouge oder Noir gesetzt? Ist Pokern angesagt oder Backgammon? Vom Albumtitel her sind wir zwar im Großen Kasino, aber Glücksspiel ist nicht angesagt. Beim Lesen der einzelnen Kompositionstitel hat man eher den Eindruck, zwischen absurdem Theater und Surrealem gefangen zu sein. Jandl trifft auf Arno Schmidt, Eugène Ionesco auf Samuel Beckett, so der Eindruck. Wir warten zwar nicht auf Godot, aber auf ,Maik Muezzin & Euklid im Westparka (Was sind das für Geschöpfe, die da beten?)‘. ,DDR-Nostalgie‘ bündelt sich in ,Interflug/Intershop‘, denkt man vorschnell, oder? Auf der Geisterbahn sind wir nicht unterwegs, da ein Schloss lockt: ,Das Gruselschloß II: Geh da nicht lang!, ich hab’s Dir doch gesagt... ‒ Disembowelment III‘. Schon der erste Teil des musikalischen Casino-Besuchs ist ein Eintauchen in einen Wort-, Satz und Begriffsdschungel. Sinnfrei scheint vieles zu sein. Das ändert sich beim zweiten Teil des dreiteiligen Albums in keinster Weise, wenn wir z. B. von Kompositionen mit Titeln wie ,Serielle Schwanenattacke‘ und ,Fraktaler Tracht‘ lesen. Wie wohl das musikalische Rezept für ,Oma Eierschecke‘ ausfällt? Schließlich machen wir uns auch noch auf einen klanglichen ,Wandertag in Leipzig‘ auf. Man fragt sich, ohne einen einzigen Ton gehört zu haben, ob man sich nicht in einer Alchemistenklangküche befindet, in der zehn Meister an neuen Rezepturen arbeiten. Diese haben dann so wenig merkbare Namen wie ,soujhmar #5‘, ,Beinwell-Krk‘ und ,Ein kleines Marsmännchen macht Sauerkraut nach Rezept, dann Jazz für einen Kalender‘ - alle diese Titel sind auf dem dritten Teil des Albums zu finden.
Ein lang haltender Dauerton, Klimpern, Blechklang, knarzende Basssaiten, Geräuschmusik aus dem Spektrum von Kurz- und Langwelle mit Störfeuer, quietschender Saitenfluss, Klangschwall, auch ins Off verschoben, Plingplingpling zu schmerzenden Saiten-Schwingen – das und noch viel mehr macht ,The Cream Of The Heaviest Invite‘ aus. Nein ein Muezzin ruft nicht, wenn „Maik Muezzin & Euklid im Westparka (Was sind das für Geschöpfe, die da beten?)“ beginnt. Sind da nicht schwirrende Bläser zu hören? Vergleichbar dem Pochen, Zischen, Hämmern in Hammer- und in Walzwerken scheint das ausgelegt, was wir nachfolgend erleben. Wiederkehrendes aus dem linken und dem rechten Kanal ist gegenwärtig. Das Altsaxofon äußert sich im ,Stakkato-Modus‘ und das Tenorsaxofon setzt dazu einen Dauerton, mit dem dann auch das Altsaxofon in Konkurrenz tritt. Vielleicht könnte man auch von Dialog reden. ,Gänseschnattern‘ drängt sich im Weiteren auf oder hören wir eine Entenflöte, mit der man das Wildbret anlockt? Von wem wird musikalisch eigentlich Euklid verkörpert? Diese Frage darf man wohl stellen. Zwischendrin muss man beim Zuhören auch an ,Schwirrhölzer‘ und deren Klang denken. Es ist ein stetes klangliches Aufflackern und Vergehen, das uns umfängt. Widmen wir uns nachfolgend mal ,Interflug/Intershop‘: Tastenklänge stehen im Vordergrund, dabei sich wie eine Walze langsam drehend und in Schwung kommend. Diskante Überwürfe spielen eine Rolle. Hektisch gestaltet ist das Schlagwerkspiel, das dem Walzenklang untergemischt ist. Turbulenzen in der Luft? Schabendes Blech gleichsam wie zwei aneinander schabende Mühlsteine dringt bei ,Zwei von dort (Telegraphenamt II)‘ ans Ohr. Wer mal unter einer Überlandleitung verharrt hat, der wird Parallelen zu dem feststellen, was im Verlauf zu hören ist. Werden da etwa Basssaiten jenseits des Stegs gezupft? Ein Bogen tanzt obendrein unablässig auf den Saiten hin und her. Nicht geölte Schwungräder scheinen in Betrieb gesetzt worden zu sein. Schleifende Transmissionsriemen arbeiten – so der Eindruck; die Assoziation an die vergangenen Zeiten von Stahl und Kohle nimmt sich Raum, wenn man dem Stück folgt. Ein gebrochener Trompetenschrei steht am Anfang von ,Serielle Schwanenattacke‘, oder? Pausen und Stille zwischen dem scheinbaren ,Klangkontinuum‘ sind vorhanden. Atemstrom ist Teil der klanglichen Inszenierung. Und da, da ist sie wieder die Attacke, begleitet von einem Vibrieren eines der Saxofone, das Bestandteil des Freakestras ist. Attacke, Attacke, Attacke heißt es nun fortlaufend. Nachhaltiges ,Schwanentrompeten‘ ist zu vernehmen oder das, was wir dafür halten. Nein, eine Sächsische Kaffeetafel mit Kaffeehausmusik darf man nicht erwarten, wenn das ,Hohelied‘ auf ,Oma Eierschecke (Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt)‘ angestimmt wird. Zumindest aber sind die Strukturen nicht so fragmentiert wie in anderen Kompositionen des Albums. Das Schlagwerk befeuert die Tastenäußerungen des Flügels. Beide scheinen angesäuert, nervös, unentspannt, aufgeregt, bis in die Fingerspitzen gespannt. Na ja, die Eierschecke scheint dann vielleicht doch nicht im Fokus zu stehen, sondern ein dringender Feuerwehreinsatz mit Nutzung von Drehleiter und Sprungtuch. Auf geht es dann zum ,Wandertag in Leipzig (Die Flugschanze)‘. Mehr Halali als Entspannung im Grünen scheint der Fokus zu sein, hört man mal intensiv auf die Lautäußerungen der Bläser hin. Für eine ,Skizze‘ der vorliegenden Dreifach-CD wird nun das Spotlight auf ,Ein kleines Marsmännchen macht Sauerkraut nach Rezept, dann Jazz für einen Kalender‘ gerichtet. Tonales Crescendo, sphärische Wellenstörungen, klares Trompetengebläse, das hin zum Melodischen drängt und sich dann doch überschlägt – das ist eine Melange, die das zehnköpfige Ensemble serviert. Lang- und Kurzwellen aus dem Weltempfänger mischen sich mit dem Klang eines Bläsers. Schlagwerk-Geraschel breitet sich aus. Bodennahe klangliche Windhosen tun sich auf, so der Höreindruck. Und dann ist sogar eine ansprechende Melodielinie im Klangangebot – dank an den Trompeter. Fragmentierung, Sezession, Sektion, Bruch, Rabatz und Krawall sind für kurze Momente mal Nebensache. Zum Schluss scheint auch amerikanische Malerei von Belang, wenn ,Marc Rothko Goes To Bath (Remembering Das Schild)‘ gespielt wird. Aber vielleicht geht es auch gar nicht um den us-amerikanischen Maler der geschichteten Farbflächen, denn dessen Vorname ist Mark mit ,k‘. Tippfehler oder bewusste Abweichung im gewählten Titel? Doch: Geboren wurde Mark Rothko allerdings als Marcus Rothkowitz in Russland, das er mit zehn Jahren verließ. Wenn also Rothko in irgendeiner Referenz zum Stück steht, dann müsste man flächiges Spiel ausmachen können, analog zur Flächenmalerei von Rothko, oder? Hallend schwirrt Blech dahin. Ein Stick fährt quer übers Blech. ,Schiffshornklang‘ scheint imitiert zu werden. Jault da nicht eine Gitarre? Schnarren hört man hier und da. Gehemmter Saxofon-Schwall trifft auf Gezirpe. Was wir hören, lässt eher an Action Painting oder an konkrete Kunst mit schmalen Farbstreifen denken. Flächiges, Großflächiges ist nicht auszumachen. Also: Quo vadis Marc Rothko?
JAZZ'HALO, Ferdinand Dupuis-Panther (https://www.jazzhalo.be/reviews/cdlp-reviews/e/euphorium-freakestra-feat-baby-sommer-barry-guy-grande-casino/ [20190410]).

Since 1999 Oliver Schwerdt is leading his Euphorium Freakastra. It is Schwerdt’s main vehicle for his modern and improvised music, operating in different line-ups. ‘Grande Casino’ took place at the occasion of Günter Sommer’s 75th birthday in 2016 for the Leipzig naTo Event, and is now released by Schwerdt on his Euphorium label. Schwerdt invited Barry Guy to participate, arranging a musical meeting between two players who both belong to the first generation of European improvisers. Although it is normal practice for improvisers to play in many different combinations over the years, both these players never played together so far.
Earlier Schwerdt initiated an impressive series of releases for his label centring around Ernst-Ludwig Petrowsky, another veteran of the (East-) German improvisation and jazz scene: This time he compiled an equally impressive 3cd-set featuring Günter Baby Sommer. In the days of the German Democratic Republic Sommer was a member of the Ernst-Ludwig-Petrowksy-Trio, Zentralquartett and the Ulrich Gumpert Workshopband. Later much other collaborative work followed with Leo Smith, Cecil Taylor, and many European improvisers. Schwerdt who is also a musicologist wrote a very extensive work on Sommer. I don’t want you to withhold the full title although it is in German: ‘Zur Konstitution, Repräsentation und Transformation des Räumlichen in der Musik. Eine Untersuchung des von Günter Sommer musikalisch realisierten Symbol-, Instrumental- und Handlungs-Raums’(2012). For ‘Grande Casino’ Sommer (drums, percussion) shared the stage, besides Barry Guy (double bass), with Pierre-Antoine Badaroux (alto sax), Bertrand Denzler (tenor sax), Patrick Schanze (trumpet), Oliver Schwerdt (grand piano, percussion, little instruments), Daniel Beilschmidt (electric organ), Friedrich Kettlitz (electric guitar, little instruments), John Eckhardt (double bass), Burkhard Beins (percussion); a very international line-up of improvisers of different generations and background. By the way, behind Friedrich Kettlitz hides Schwerdt, who enjoys playing with different identities (a.k.a. Elan Pauer, Ra Ra da Boff). Most of the time the nine musicians play in different small sections that not always have Sommer participating. Improvisations by the blowers, like ‘Serielle Schwanenattacke’ for trumpet and sax, practice a minimalistic and static approach of improvisation that had the most compelling impact on me. On the other end of the spectrum are improvisations like ‘Return of the Sun of Sharif Schekcheft’ where the improvisers indulge in lovely cacophonic interaction. The percussion by Sommer I especially enjoyed in duets with Schwerdt as in ‘Oma Eierschrecke’. Also, there are a few very introvert pieces like ‘Soujhmar’. Very enjoyable are also some solo sections like the improvisation by Beilschmidt on organ, or by Guy in ‘Syrdillischer Octus’. Humour is not only in the titles that – I suppose – Schwerdt dreamed up but also in the music itself like in the playful ‘Beinwell-Krk’, built from short gestures and interactions of the players. So we are offered a very diverse and multi-coloured mosaic of improvisations, 24 in total, distributed over three CDs (in chronological order?) that last more than two hours, starting and developing from very different angles. Excellent work!
VITAL WEEKLY, Dolf Mulder (http://www.vitalweekly.net/1179.html [20190416]).

Eine historische Begegnung erscheint jetzt anlässlich Günter ,Baby‘ Sommers 75. Geburtstag im letzten Jahr ‒ und wir meinne nicht die Party, die er mit Till Brönner gefeiert hat. Nein, bereits im Dezember 2016 traf er in Leipzig in einem Großensemble, das der Pianist Oliver Schwerdt zusammengestellt hat, erstmals auf den Bassisten Barry Guy, seines Zeichens ebenfalls ein Elder Statesman des Free Jazz ‒ kann man das glauben? Mit von der Partie waren außerdem drei Bläser, ein zweiter Bassist, ein zusätzlicher Perkussionist, ein Organist und ein Gitarrist. Wer richtig gezählt hat, landet bei zehn Musikern (denn Schwerdt spielte natürlich auch mit). Die Musik, auf gleich drei CDs verteilt ‒ zwei hätten es ehrlich gesagt auch getan; und das ist nicht despektierlich gemeint, sondern rein auf die Gesamtlaufzeit von 130 Minuten bezogen ‒, ist selbstverständlich von der widerborstigen Art, und die grandiosen Titel (,Ein kleines Marsmännchen macht Sauerkraut nach Rezept, dann Jazz für einen Kalender‘ oder ,Mark Rothko Goes to Bath‘) hat sich Schwerdt im Verein mit Gitarrist Friedrich Kettlitz ausgedacht. Wer sich also mal wieder eine satte Portion freies Gelärme verpassen will, sollte zu diesem schönen Paket inklusive eines reizenden Foto-Booklets greifen: Kleine, freine Label wie Euphorium Records muss man einfach unterstützen.
JAZZTHETIK, Rolf Thomas (Jazzthetik Mai-Juni 2019, Nr. 288) (201905), S. 77, 79.

A sprawling three-CD set that captures all the sonic creativity unleashed during a program of improvised music in Leipzig in 2016, this particular roll of the dice is part of a regular series of east German activities organized by local pianist Oliver Schwerdt. However Grande Casino is particularly noteworthy as a historic occasion marking the first time two veteran Free Music standard bearers have recorded together. The weathered authorities are German percussionist Günter Baby Sommer and British bassist Barry Guy. Other sound gamblers on these 24 tracks are fellow Germans organist Daniel Beilschmidt, trumpeter Patrick Schanze, guitarist Friedrich Kettlitz, percussionist Burkhard Beins and bassist John Eckhardt, with French saxophonists Pierre-Antoine Badaroux (alto) and Bertrand Denzler (tenor) on board as well.
Seemingly presented in the order in which the concerts took place, this real-time sound unrolling appears sharper and more exploratory as the discs advance. It may be that the band members become more comfortable with one another as well as Guy and Sommer getting more room in which to practice their musical magic. Still with almost no individual track credits, it’s possible Eckhardt and Beins are also responsible for notable lines as well.
With tremolo organ prods, piano plinks, percussion dongs, spiccato double bass thrusts and yearning reed body-tube evacuations, the improvisation on CD1 initially inflate and shrivel until reaching a climax of sorts with ,Zwei von dort (Telegraphenamt II) 2g‘ as an undercurrent of staccato string twanging, ring modulator-like buzzes and watery percussion stumbles and swipes subsume into a cross-patterning brass’n’drum duet. Further sequences interrupted by dolorous pauses don’t reach a further dramatic exposition until ,Syrdillischer Octus‘ ushers in off-centre string resonations that work up to an end-of-CD finale of creeping, desiccated piano judders and organ wheezes which joined by the occasional horn honk dissolve into conclusive peeps.
The situation is profoundly freer and more relaxed on CDs 2 and 3, with high points arriving via Guy’s and Eckhardt’s string elaborations on ,Fraktale Tracht‘ and some inventive free-form tonal explorations from saxophones, piano and percussion on the final three tracks. A post-modern ,Two Bass Hits‘, ,Fraktale Tracht‘ includes bow cross slaps, guitar-like picks and staccato rubs that escalate into buzzing, contrapuntal clips, pulls and stops from highest to lowest timbres. Schwerdt’s swirling builds up to kinetic pacing on .Oma Eierschecke (Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt)‘ and is abetted by sly triangle pings and conga-drum-like percussion pops, culminating in almost visual multi-colored tones that bleed into one another. Chiming cymbals hotel desk bell rings, cuckoo clock hiccups and harmonica puffs dominate the remaining tracks as reed split tones and tongue slaps from Denzler and Badaroux vamp alongside the percussion smacks and piano comping, eventually joined by Schanze’s trumpet blasts that somehow intertwine with whistles, oscillating keyboard ruffles and slashing string spiccatio. The concluding ,Epilog: Daniel, Bertrand, Burkhard und die anderen,‘ reaches a squirming climax consisting of upsurging horn-of-plenty-like expelling honks by the tenor saxophonist, organ console thumps, with a corrosive drone saturating the entire exposition.
Consisting of a series of semi-solo sequences, CD3 is the most relaxed and accomplished. With ,Beinwell-Krk‘ an open-tuning showcase for guitar and double basses, shot through with harmonica wheezes, trumpet slurs and saxophone breaks, unexpectedly ,End Of Gannomiloctu Bleed, Bed & Shower (Naked In The Tower Rain)‘ includes an extended Jew’s harp solo backed by minimal piano lines before reaching a crescendo of multiphonic saxophone vamps, until thin alto saxophone licks downshift to mere tick-tock cymbal and snare accompaniment.
,Return of the Sun of Sharif Scheckheft ‒ Hallo, wer ist da gerade? (Telegraphenamt IV)‘ and the macabre ,Marc Rothko Goes to Bath (Remembering Das Schild)‘, the somewhat sardonically and enigmatically near-penultimate and final tracks provide an alternate definition of the Grande Casino. With its keyboards’ note crunching, rugged horn snorts and percussion clobbers every irregular vibration and split tone appears on display in the first tune, almost replicating a classic New Ting blow out. As for ,Marc Rothko Goes …‘ erratic and contrasting motifs are present. But except for diaphragm-sourced reed blasts most of the experimental textures result from triple-stopping bass lines, mandolin-like plucks from the guitar and drum slashes.
Whether you prefer your Free Music loud or soft, belligerent or compelling, some variant of it exists on these discs. Taken together they show off dramatic and adventurous thinking and playing from a mixed-generation, trans-European ensemble.
JAZZWORD, Ken Waxman (http://www.jazzword.com/one-review/?id=129935) (20190525).

Wer hier eintritt, der lasse alle guten Geister fahren: Das Euphorium Freakestra versammelt sich auf ,Grande Casino‘ unter der Leitung von Oliver Schwerdt, der sich seit über 20 Jahren mit Dada und Freejazz beschäftigt. Das hört man. Sein zehnköpfiges Ensemble, unter anderem mit DDR-Freejazz-Legende Baby Sommer am Schlagzeug, probt, nein falsches Wort, improvisiert auf drei CDs den Aufstand gegen die Grenzen zwischen Jazz und Anarchie. Live in der Nato aufgenommen, ist hier alles erlaubt. Zwischen kakofoner Raserei und ausgedehnten Momenten unangenehmer Stille gibt es hier für den Hörer nur die Chance, diesem sich fortlaufend steigernden, entfesselten Unsinn geradewegs in eine behagliche Zwangsjacke zu folgen, Musik, die sich laufend selbst neu konstruiert, wenn man gerade dachte ihr auf die Schliche zu kommen. Das hat mitunter den Charme einer Zahnwurzelbehandlung: eher beklemmend, Feelgood-Sound ist anders. Das ist selbstverständlich beabsichtigt und gut so, andererseits ist es im ,Grande Casino‘ immer ein schmaler Grat zwischen Momenten brillanten, unberechenbaren Zusammen- und Aneinandervorbeispielens und Freejazz-Kraftmeierei. Stücke (oder besser gesagt: Ausbrüche) wie etwa die ,Serielle Schwanenattacke‘ sind in erster Linie als Anschlag zu verstehen. Andererseits passiert das, wie der Titel schon verrät, in vollem Bewusstsein, und das ist einfach sympathisch. Wer sich das am Stück über die volle Länge reinfährt, ist erstens eine harte Sau und zweitens spätestens danach nicht mehr bei Trost. Prädikat: Muss man wollen.
KREUZER, Kay Schier (Kreuzer 06 19) (201906), S. 54.

Los geht es. Und erinnert an Synopsis (DDR), an das Zentralquartett. Es spielen zwei Veteranen: Günter ,Baby‘ Sommer, Barry Guy und ein paar Jüngere ‒ Bertrand Denzler (ts), Pierre-Antoine Badaroux (as) aus Frankreich, Oliver Schwerdt (p, perc), John Eckhardt (b), Burkhard Beins( dr) und Daniel Beilschmidt (org) aus Leipzig, wo ,Grande Casino‘ aufgenommen wurde im Jahr 2016. (In Klammern, als subtitle steht auf dem Begleitzettel: Paris-Zürich-Dresden-Hamburg-Leipzig-Berlin). Es sind zitierwürdige Titel dabei wie ,Return of the Sun of Sharif Scheckheft ‒ Hallo, wer ist denn da gerade? (Telegraphenamt IV)‘ oder ,Ein kleines Marsmännchen macht Sauerkraut nach Rezept, dann Jazz für einen Kalender‘ oder ,Das Gruselschloß II: Geh da nicht lang!, ich hab‘s Dir doch gesagt ‒¦ Disembowelment III (Flesh Aksch)‘. Da treffen sich welche, die in dieser Konstellation noch nicht zusammengewirkt haben, treffen sich ‒ und ins Schwarze, weil: Sie spielen, sie probieren, improvisieren, lassen gehen, klingen. Das ist fein. Musik solcherart ist häufig anzutreffen: live aber am Besten. Musik als Klang gewordenes Ein-Verständnis; ein-hellig gewordene Be-Helligung einer Ab-Sicht, wo es doch ums Hören gehen sollte. Dieses Meeting 2016 war gewiss ein Glücksfall, für alle Beteiligten – und nun für uns auch, weil hier weder eine typische Barry Guy-Textur zu hören ist, noch eine typische Günter ,Baby‘ Sommer-Textur. Sind drei CDs mit einer Spieldauer von gut zwei Stunden. Es könnte immer und immer so weiter gehen. Sind aber gewiss keine ,Hit Pieces‘ (Evidence EV 105, 1988, an dieser Stelle wärmstens zum relistening empfohlen!!), sondern eher ,Tales of Enchantment‘ (Barry Guy/Maya Homburger, Intakt). Müssen es unbedingt drei CDs sein? Denken wir mal an Kamasi Washington: ,The Epic‘. Oder, mit anderen Worten: ,Ich sehe wohl, die Leutchen wundert, wie dies sich enden wird? – Verzeyht,/ wenn es zu lange währet! Ich lieb in allen Sachen den nächsten Weg, wiewohl er zweymal oft so weit als jener ist, den andre Wandrer machen./ Ein guter Weg ist einen Umweg werth, und minder ist oft mehr, wie Lessings Prinz (hier: von Radebeul, Dresden) uns lehrt.‘ (Christoph Martin Wieland)
JAZZPODIUM, Roland HH Biswurm (Jazzpodium 7-8/19) (201907), S. 74.

EUPHORIUM_Freakestra is a German improvising orchestra based in Leipzig. Organized and led by pianist Oliver Schwerdt, it has assumed many forms, including various dance and literary projects. Its usual operating procedure is free improvisation and the group has drawn on distinguished guests from around Europe and further afield. Since 2002, Alex von Schlippenbach, Paul Lovens, Peter Brötzmann, Axel Dörner, Wadada Leo Smith, Barre Phillips, Urs Leimgruber and Akira Sakata have all appeared in various configurations of the orchestra.
This three-CD concert recording from 2016 was released in honor of drummer Günter ,Baby‘ Sommer's 75th birthday (Aug. 25th, 2018). One of the orchestra's first guests and a central figure in the development of free jazz in the inhospitable soil of the old German Democratic Republic, Sommer is a master of driving polyrhythms, global beats, subtlesonic exploration and genuinely melodic drumming. Grande Casino also features the virtuosic English bassist Barry Guy, another key figure in the history of European free jazz.
The orchestra is definitely Schwerdt’s creation. He’s credited with the editing and design of the music heard here and his personality comes through as well in the titling with co-founder and guitarist Friedrich Kettlitz, with long descriptive or narrative phrases, whether in English or German, sometimes with elements of Dadaist absurdity or Grand Guignol horror, whether it’s “Disembowelment III” or the concluding “Mark Rothko goes to bath”.
There’s a general movement throughout from an emphasis on solo and small ensemble passages towards the full complement of ten musicians. While it’s hard to tell how active Schwerdt has been in the sequencing, there’s at least some evidence of composerly shaping. Discs One and Two each end with subtle abstractions entitled “Epilog: Daniel, Bertrand, Burkhard und die anderen”, Part 1 and Part 2.
Disc One is highlighted by Swiss tenor saxophonist Bertrand Denzler’s exploration of multiphonics and beat patterns; Sommer, Guy and Schwerdt’s rapid-fire, scattershot passage sounds like a piano trio with a long working relationship; electric organ player Daniel Beilschmidt develops a dense, pitch-shifting solo reverie that hints at Sun Ra; while Patrick Schanze lays fractured trumpet blasts against the group’s full rhythmic component of Guy, Sommer and Schwerdt along with bassist John Eckhardt and percussionist Burkhard Beins.
Disc Two continues the pattern of contrast and surprise: chameleonic French alto saxophonist Pierre-Antoine Badaroux’ “Serial Swan Attack” moves from air horn blast to squawking bird, only revealing in its final moments the identifying marks of an alto saxophone; an extended bass duet of Guy and Eckhardt develops into an intriguing episode of microtonal bowing; “Oma Eierschecke” moves from a hand-in-glove duet of Schwerdt and Sommer to an extended Sommer interlude highlighting his special gift for developing dancing rhythmic patterns on small tuned drums.
As the ensemble expands, there’s increasing use of little instruments, including a passage that matches whistling with small flutes, a dense improvisation that suddenly includes a police whistle and a jaw harp that later appears as a central element. Disc Three emphasizes increasingly expansive group passages, beginning with an ephemeral drone among the winds set against the ringing of a small bell and Guy’s resonant harmonics. Electric organ, piano and electric guitar combine to create increasingly insistent and inventive textures in which the trumpet can displace the organ role and a struck hi-hat can become a major event. With the band exploring a range of orchestral forms, Denzler can summon the focused force of a John Gilmore.
Eventually it stretches through a period of intense blowing to a passage alive with detail, its textural evolutions and modulations accomplished with incredible sensitivity and vision. Schwerdt and his Leipzig regulars may not be as well known as the guests, but the ten musicians form a brilliant collective, creating improvised ensembles of rare depth and coherence.
THE NEW YORK CITY JAZZ RECORD, Stuart Broomer (The New York City Jazz Records, August 2019 Is. 208) (201908), S. 30.

So schwere Kost, das ist harte Arbeit, gar keine Frage. Anspruchsvoll und ungemein inspirierend. Wer sich drauf einlässt, wird aber reichlich belohnt. Denn dies ist Free Jazz vom Feinsten.
Kein gefühliges Anbiedern, ein mainstreamiges Einschleichern, schon gar kein kuscheliges ,Jazzs-ist-doch-gar-nicht-so-schlimm‘ ‒ nein, hier wird der Jazz wirklich von seiner ernsthaftesten Seite gezeigt. Das schon seinem Namen herausforderende Euphorium-freakestra hat ein Ensemble versammelt, das so noch nie zusammengekommen sein dürfte. Um die Schlagzeuglegende Günter Baby Sommer herum suchen Pierre-Antoine Badaroux und Bertramd Denzler an den Saxophonen, Patrick Schanze an der Trompete, Oliver Schwerdt als Spiritus rector dieser Dreifach-CD am Flügel und als Percussionist, Daniel Beilschmidt an der E-Orgel sowie Friedrich Kettlitz als E-Gitarrist und Burkhard Beins als weiterer Schlagzeuger gemeinsam mit den Bassisten John Eckhardt und Barry Guy nach einem völlig neuen Herangehen an die Formen der Improvisiation.
Dabei wir der Jazz gar nicht mal neu interpretiert, sondern nu in seinen Ursprüngen ‒ die bekanntlich nach fortwährender Erneuerung schreien ‒ absolut ernst genommen. Was für ein Drängen und Dräuen, was für ein Tasten und Treten, ein Fiepen und Fauchen! Dem muss sich aussetzen, wer sich dem aussetzen will. Eine Annäherung an solch allzu rasch vergängliche Materiae kann also nur eine zwanglose sein, erst dann hat sie das Zeug zum Genuss. Wer eintachen will und eintauchen kannin derart dissonante Figurationen von Tönen und Tempi, wird viel entdecken können, womöglich auch an sich selbst.
Vor allem aber ist dieses waghalsige Triumvirat der digitalen Scheibenkunst eine Entdeckungsreise in die Welt des Fremden, das alldings einvernehmlich in Einklang zu bringen ist, wenn nura lle daran Beteiligten ehrlich daran interessiert sind. Dann nämlich ist hohle Harmonik überführt und kann glangliche Divergenz viel mehr bewirken. Bei den ,Machern‘ wie bei den ,Konsumenten‘, denn hier sind tatsächlich beide Seiten gefordert.
Zuhören, sich einlassen und dann alles aufbieten, was das eigene Instrumentarium, das Handwerk und der Einfallsreichtum hergeben ‒ und auch auf der anderen Seite: Zuhören, sich einlassen und dann alles aufbieten, was die eigene Inspiration, das Hören und die Empathei hergeben. Je größer die Offenheit, die Bereitschaft, umso größer der Genuss an diesem Projekt. Denn es besteht tatsächlich aus einem enormen Anspruch, der sich speist aus dem Gem Geist der Musik, in den es hinabzutauchen gilt.
Das Euphorium_freakestra hat es gewagt und gemeistert.
DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN, Michael Ernst: Aldo Lindhorst (Neueste Dresndner Nachrichten 2. September 2019, 29. Jg. Nr. 204) (20190902), S. 11.

.