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Oliver Schwerdt & Günter Sommer:
Dry Swing / Tandem Spaces

(EUPH 034)

Oliver Schwerdt - p, perc
Günter Sommer- dr, perc

01 Tandem Spaces (2’00)
02 Dry Swing (10’10)
03 Tandem Spaces (11’39)
04 Dry Swing (5’42)
05 Tandem Spaces (1’40)

Theorie erscheint verflüssigt,
Knowhow ein Klacks, Raum und Zeit offen.

Rigobert Dittmann

Übersichtlich und logisch, das ganze swingt einfach.
Free Jazz ist das am Ende mit Sicherheit nicht mehr.

Gottfried Schalow

Im Tandem tauchen die beiden tief in die intuitiven Zonen der spontanen Improvisation ein.
Christoph Wagner

Günter ,Baby‘ Sommer feiert seinen 70. Geburtstag nicht allein. Neben seiner vierten Solo-CD Dedications legt er gemeinsam mit dem Klavieristen Oliver Schwerdt die Duo-CD Dry Swing / Tandem Spaces vor. Dabei aktualisiert er mit einem der eigenwilligsten Tastenvirtuosen der jüngeren Generation seine an der Seite von Ulrich Gumpert, Cecil Taylor und Irene Schweizer über vier Jahrzehnte gesammelte Erfahrung. Schwerdt, der musikwissenschaftlich vor Kurzem über Sommer promoviert wurde, kennt das Œvre, das Instrumentarium und die Spielweisen Günter Sommers wie kein anderer. In ihren Tandems finden sie nun auf Augenhöhe zu spannungsvoller künstlerischer Harmonie. Manch einer entsinnt sich noch an die in den 1980er Jahren unternommenen Ausflüge des sächsischen Trommelmeisters mit Ekkehard Jost, dem großen Pionier der Jazzfoschung in Deutschland. Nun bezeugt auch das Jahr 2013 einen besonders intensiven Moment aus wohlsortierendem Intellekt und kommunizierter Spontanität.

Format: CD
Price: 12,99 €
ISBN: 978-3-944301-26-6
Ordering: oliverschwerdt@euphorium.de

 

Reviews:

Wie oft ist es schon vorgekommen, dass ein Promotionsthema und der sich damit Promovierende zusammen Musik machen? Auf Dry Swing / Tandem Spaces (EUPH 034) erklingt im 'Tandem Spaces'-Part genau so eine Konstellation in Gestalt des Themas - GÜNTER SOMMER - und des praktizierenden Musik- und Kulturwissenschaftlers und Pianisten Dr. OLIVER SCHWERDT, der dessen musikalisch realisierten Symbol-, Instrumental- und Handlungs-Raum untersucht hat. Zwei kurze duettistische Ecksätze und ein 11 1/2 min. Mittelstück sind verfugt - verzapft? - mit zwei solistischen Trockenübungen dieses eloquenten Swingers. Schwerdts seiner manuellen Eloquenz nicht nachstehende Verbosität expliziert das Meeting und das eigene Fingerwerk aus schwallfülligster Innenperspektive derart kompetent, dass mir die eigenen Finger auf den Tasten zu erschlaffen drohen, wenn es gilt, die Schwerdtsche Kunst zu würdigen, einzelne Töne an die Trockenleine zu hängen. Wie könnte ich es als ein das Leben der anderen nur Belauschender besser sagen als: "Schneller versammeln sie [die pulsierenden Töne] sich, auch einander fragend, hurtig stoßend rollen sie in diese, jene Richtung, verbünden sich zu Scharen ... zwölftönig geschwind, und fugal gebrochen ... bis sie eine Vielzahl erreichen, dass sie sämtliche Richtungen zugleich zu erfüllen scheinen"? Das zweite Solo sticht, diesmal vor Publikum, kubistisch flott ins Ungewisse, komparativistisch und elativistisch die Tasten würfelnd, um sich aus der linkerhanden Ecke heraus zu wühlen in einen crescendierenden Schwall mit kapriziös skeptischer Coda. Den Sommer-lichen Dialogen schickt Schwerdt eine Exkursion zur Konstellation Klavier-Schlagzeug im europäischen Kontext voraus: Gumpert-Sommer; Schlippenbach-S.-Å. Johansson, Lovens, Oxley; Mengelberg-Bennink; Schweizer-Moholo, Sommer, Favre, Bennink. Gipfelnd in Berlin 1988 in den Meetings Cecil Taylor-Bennink, Lovens, Moholo, Oxley, Sommer. Schwerdt legt nahe, diese perkussive Dyade aufzufassen als ein dynamisches Fragment der durch die Revolution des Free Jazz ausgelösten Dynamisierungs- und Fragmentierungsstrategien. Nachdem er so die mit Sommer geübte 'Kunst der Ineinandergriffe rhythmischer Kontraktionen und Relaxationen' einer zur 'Hörmusik' gewendeten Tanzmusik theoretisiert hat, wird in der 'Tandem'-Praxis das Raum-Zeit-Gefüge nicht nur erwischt, ertastet, betrillert und beschwingt, errollt, berauscht, gebremst, bepingt, geblecht und bebeckt, mit Hilfe von Blechen cembalisiert, mit "Hui" und "Brrrr" akzentuiert, stillgestellt und mit Glöckchengebimmel wieder in Gang gebracht. Im tänzerischen Ergrooven des Trommelfells und der Hörschnecke wird der Grey Room metalloid legiert, architektonisch geschmolzen und ver-Eschert, transformatorisch verschachtelt. Theorie erscheint verflüssigt, Knowhow ein Klacks, Raum und Zeit offen.
BAD ALCHEMY, Rigobert Dittmann (Bad Alchemy Nr. 78, September 2013) (201309), S. 23.

Tatsächlich: Am Sonntag wird er 70. Günter Baby Sommer, Teutonias Übervater des fantasievollen Trommelspiels. Seit der Leipziger Oliver Schwerdt jüngst seine ytongsteindicke XXL-Promotionsmonografie ,Wie der Schlagzeuger mit dem Free Jazz den Raum bestellt' vorgelegt hat, darf der sich Gelehrter der Improvisation nennen. Auch seine ausführlichen Liner Notes zu diesem neuen Projekt auf seinem Foschungsfeld stützen diesen Titel. Fünf im März 2011 im Horns Erben mitgeschnittene Stücke hat er auf CD versammelt, um sie auf Sommers Gabentisch zu legen. Pari pari hört man Schwerdt mal als clusterreihenden, mal sacht dem Ton nachlauschenden Klaviersolisten oder gemeinsam mit Sommer, dem Duo-Partner par excellence.
LEIPZIGER VOLSKZEITUNG, Ulrich Steinmetzger (Leipziger Volkszeitung, 119. Jg., Nr. 197, 24./25. 8. 2013) (20130824), S. J4.

Was passiert, wenn sich der junge Musikwissenschaftler Oliver Schwerdt ans Klavier setzt nd sich mit dem inzwischen 70 Jahre alten Günter Baby Sommer auf Reisen begibt? Die Antwort kann eindeutiger nicht sein: Ein spannendes halbstündiges CD-Abenteuer. Schwerdt seziert in seinem teils ausufernden, dafür aber mit einem überraschend journalistisch-literarischem Talent gehaltenen Begleittext die Entstehungsgeschichte der ingesamt fünf Stücke, erzählt von vorgefertigt-komponierten Teilen und spontanen Einfällen. Auf der CD sind diese Trennungen dann kaum noch auszumachen, wenngleich der Verdacht naheliegt, dass da der allergrößte Teil lange und sorgfältig geplant war. Aber letztlich ist das auch egal, weil das Hörvergnügen ganz schnell die Hauptrolle spielt. Auch und vor allem weil das ganze übersichtlich und logisch, und damit nachvollziehbar aufgebaut ist, das ganze swingt einfach. Ganz trocken, so wie es der CD-Titel verspricht, und ein Stück weit auch akademisch. Der Free-Jazz-Pionier am Schlagzeug, selbst inzwischen im Range eines Musikprofessors, beschränkt sich auf allernotwendigste Kommentare unter fast völligem Verzicht auf die über die Jahrzehnte hinweg liebgewonnene Theatralik. Free Jazz ist das am Ende mit Sicherheit nicht mehr, aber auch keine neue Seite in Sommers Schaffen. Spätestens das Duo-Album La Paloma mit Uli Gumpert war ja ähnlich angelegt - mit Schwerdt hat er nun zu einem neuen Tandem gefunden. Die erste gemeinsame CD verliert ihren Zauber auch nach mehrmaligem Abhören nicht.
JAZZZEITUNG, Gottfried Schalow (Jazzzeitung, 38. Jahrgang, Nr. 4-13, September/Oktober 2013) (201309), S. 13.

Günter ,Baby‘ Sommer ist der Poet unter den Jazzdrummern. Mit seinem umfangreichen Arsenal aus fein agestimmten Trommeln, Becken und Gongs hat er ein eigenes Vokabular entwickelt, das Swing, Groove, und Puls mit freier Klangmalerei auf höchst originelle Weise vereint. Im August 2013 beging der ostdeutsche Schlagwerker seinen 70. Geburtstag mit zwei neuen Alben. Eines zeigt ihn als Solisten, der Rückschau auf eine mehr als fünfzigjährige Karriere hält. Das andere spielte er mit dem Pianisten Oliver Schwerdt ein, der auch wissenschaftlich über seinen Ziehvater gearbeitet hat. Im Tandem tauchen die beiden tief in die intuitiven Zonen der spontanen Improvisation ein.
NEUE ZEITSCHRIFT FÜR MUSIK, Christoph Wagner (Neue Zeitschrift für Musik, 174. Jahrgang, #5_2013) (201309), S. 62.